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Bayern
Innen Träumerin, außen Realistin, Liebhaberin der klassischen Musik, der Kunst, Verfechterin des Glaubens an Gott, Gedankenreisende, Gerechtigkeitliebende.

Sonntag, 20. Juli 2014

Die Kapellengitter des Freisinger Doms








Vergittert wird nur, was geschützt werden muss. Ziergitter aus Eisen geschmiedet sind filigrane Mauern, die etwas abschließen oder vom alten Zustand eines Bauwerks erzählen.

Sie haben  dekorativen Charakter und künden von der Fertigkeit der Kunstschmiede, die mit Amboss, Schmiedezargen, Zangen und mit vom Schmied vorgerichteten Biegeschablonen auch reproduzierbare Teile schaffen konnten.
Die Ziergittertechnik setzt mit der Gotik ein und wird ab dem 16. Jahrhundert immer kunstfertiger.

Die Kunstschmiede des Domes, natürlich Freisinger, zogen nicht nur die Formen, sondern waren auch als Vergolder tätig. Allerdings zeigte die Urfassung der Gitter das Gold nur auf den oberen Kränzen, der Rest der Gitter war schwarz.
Bei der Metallvergoldung (bei Holz oder Stein würde man eine mehrschichtige Kreidegrundierung auftragen – oft rötlich) zog man meist die wetterfeste Ölvergoldung vor. Das Metall wurde mit Anlegeöl, dem Mixtion, einer Mischung aus Leinöl, Bleiglätte und Terpentinöl eingelassen. Es entstand ein nicht klebriger Untergrund, auf dem das hauchdünn ausgeschlagene Blattgold „angeschossen", (so der Fachausdruck) wird. „Anschießer“ ist ein flacher Pinsel aus Fehhaar, das aus dem buschige Schwanzhaar oder Winterfell des Eichhörnchen besteht. Der Vergoldet streicht zu diesem Zweck vorher mit dem Pinsel durch sein eigenes Haar oder über seine Haut, um den Pinsel leicht einzufetten, um so das Blattgold aufnehmen zu können. Die Vergoldung kann danach mit einem Poliergriffel, der meist aus Hämatit oder Achat besteht, zum Glänzen gebracht werden.

Chemische Vergoldungen, wie das Galvanisieren oder Farbvergoldung waren damals noch nicht bekannt.

Die beiden Grundformen für Ziergitter sind der Vierkantstab und der Rundstab: Vierkantstäbe werden oft für die Rahmung gebraucht (Festigkeit), Rundstäbe können leichter geborgen und zerteilt werden, um in reichen Dekorationsformen wie Akanthusblättern, Laub- und Bandelwerk, Wappen und Embleme ihre variablen Ausdrucksformen zu zeigen.

Entstehung der Gitter in der Freisinger Domkirche:

An die romanischen Seitenschiffe wurden zu mittelalterlichen Zeiten mehrere Kapellen angefügt.



Bischof Veit Adam (man beachte Adam und Vitus-Veit als Gitterembleme im ersten Seitenaltar, rechts)ließ die Kapellen für Apollonia\Elisabeth, Thomas (aber mit Damaskusereignis),Paulus, Hl. Geist,  Matthäus, ) auf der anderen Seite (Michael und Castulus, Wolfgang und Georg, Joachim und Anna, einer sitzenden gotischen Muttergottesskulptur, Ursula und Ottilie 1624 durch einen eigenen Kapellengang verbinden und mit diesen Gittern abschließen.

Die Kapellengänge führen nun von links vorne beginnend den Besucher durch die Lebensgeschichte Mariens, von der Vision der Eltern Anna und Joachim als besonderes Kind bis zum Sterben Marias im Kreise der Jünger, rechts vorne.



Die KAPELLENGITTER des Freisinger Doms gliedern den fünfschiffigen Raum der Wegekirche und sind seit 1724 fest in die Wände ein geputzt. Sie wurden zwischen 1630 und 1664  von den Schlossern Hans Keser und Niklas Tröscher als Auftragsarbeit für Bischof Johann Franz Eckher geschmiedet.
In alten Rechnungsbüchern des Domkapitels wird 1664 Keser z.B. für das Gitter an der Georgskapelle bezahlt. Als weiterer Name für die westlichen Gewerke findet sich Antoni Seitz.

Die Gitter dienten nicht nur dafür, wertvolles liturgisches Gerät vor dem Zugriff von Dieben zu schützen, sondern zeigen eine eigene Aussage:

Sie haben eine klare horizontale Dreiergliederung und erinnern in starker Stilisierung an Lebensbäume (vgl. die moderne Umsetzung von Gustav Klimt).

Unten zeigt sich die Verwurzelung in der Erde, der Mittelteil bildet senkrecht aufstrebende Stämme, um im oberen Teil als Blattwerk oder Blüten und in religiösen Emblemen, wie dem bekannten IHS als Salvator zu gipfeln oder sie zeigen Wappenembleme, Zeichen der Namenspatrone der jeweiligen adeligen Stifterfamilie oder bemalte Blechbildchen der Altarpatrone.

Die Künstler verwendeten oft die sog. Durchstechtechnik: Dabei wird ein Stab zunächst gebogen, dann an einer Stelle breitgeklopft, durchbohrt, um dort das andere Ende des Stabes durchzuziehen.
So entstehen Knoten, Spiralen, Achter, Labyrinthe. Im oberen Abschluss sind die Gitterstäbe oft herausgezogen, geteilt, gebündelt, verzweigt zu großen Blüten oder  Abschlussbuschen.


Es lassen sich zwei Arten von Arbeitsweisen sehen:

Rundstäbe in Steckverbindungen und Verzweigungen. Rundstäbe, die stellenweise zu flachen Bändern ausgehämmert sind (östliche Gitter Nordseite). Bei genauem Hinschauen lässt sich so die Handschrift des Künstlers gut erkennen. Bei den jüngeren Gitter erkennt man ebenso bereits eine quasi Standartfertigung , vorgefertigte Teile, Klammern als Verbindung.

1774 wurden die Gitter dem Raumkonzept der Gebrüder Asam angepasst, nämlich weiß-golden.




Als sie im Laufe der Jahrhunderte stark nachgedunkelt waren, entschloss man sich nach 2006 die Kapellengitter ganz zu vergolden, so reflektieren sie das himmlische Licht und werden durchlässig.

Theologisches Konzept:

Schutz des Heiligen:  Geräte und Außerordentlichkeit der Person, der Kunstwerke, z.B. „Heimsuchung“ der Münchner Künstlers Peter Candid.

Das Motiv des verschlossenen Paradieses, das Jesus auf die Fürsprache Mariens öffnet, ist der durchgängige Tenor. Jesus knüpft mit den Menschen einen dreifaltigen Frieden.
(Vgl. die drei Tauben am zweiten Tor rechts, die auf den Noahbund, den Gottessohnbund und den ewigen Frieden des Weltgerichtes hinweisen und gleichzeitig neben dem "Freisinger Mohr die Wappentiere von Bischof Adam Veit sind).
Gold als göttliche Farbe. Jesus wird zur Türangel, um die sich alles dreht. Auch der priesterliche Dienst in der Messe stößt die Tür zum Paradies auf.

Cardo,cardinis (lat. die Türangel), daher kommt das Wort "Kardinal", ist ein Mittler, das Tor geht leichter auf, lässt sich leichter wenden.


Maria, die Reine, (symbolisiert durch die Lilien), öffnet ebenso das Tor zum Paradies, weil sie es zugelassen hat, sich ganz auf Gott einzulassen und den Gottessohn auf die Welt zu bringen. Zum Paradies drängen sich die Seelen in der Gestalt von Vögeln, genauer Pfauen,




die Symbole der Unsterblichkeit sind , weil angeblich ihr Fleisch kaum verweist.

Das IHS -  Iota, Eta, Sigma 1. 2. 3. Buchstabe des Nomen Sacrum des griechischen "IESOUS" lässt viele Deutungen zu.

Jesus habemus socium – Jesus haben wir als Gefährten.

Volkstümlich: Jesus Heiland Seligmacher.

Jesus hominum Salvator – Jesus Retter der Menschen.

Im Strahlenkranz als Leib Christi, der in der Kommunion ausstrahlt im Geist über alle Gläubigen, zeigt sich die unendliche Liebe (Herzen) Gottes und in den

Nägel die Aufopferung der Liebe
Gottes für die Menschen.



Jesus ist die Tür zum Leben.
In Joh 10,7 heißt es:“ Ich bin die Tür... Ich bin gekommen, damit sie Leben und reiche Fülle haben.“
So werden sie Kapellengitter gleichsam die goldene Fassung für das Leben Mariens und umrahmen in wertvollster Weise die Vita des Hl. Korbinan in den Fresken der Gebrüder Asam im Mittelschiff.

(Bilder und Text: copyright by frieda)