Unter einer Lupe, ja unter einem Mikroskop öffnet sich eine besondere Welt.
Wir schauen genauer, wir schauen tiefer, wir blicken auf Details, die wir mit dem freien Auge nicht sehen.
Ein verborgener Mikrokosmos! Das Zusammenspiel der Galaxien auf geringsten Raum. Die Welt in einer Zelle.
Das Menschliche hinter der Person (i. e. " persona", die ja im Lateinischen "Maske" heißt).
Wenn wir jemand auf Herz und Nieren prüfen, dann schauen wir hinter seine Fassade, wir sezieren sein Innerstes und das tut allemal dem Geprüften ein wenig weh.
Was verhüllt sich da alles unter dem äußerlichen Gehabe? Was verbirgt sich so geschickt, welche Schutzschilde trägen wir vor uns her? Was müssen wir verstecken, damit wir nicht so verletzbar sind? Verändern wir täglich unser Äußeres wie ein Chamäleon? Sind wir nicht alle Schauspieler? Was für ein Theater liefern wir da täglich ab? In welche Rollen hat man uns gezwängt? Welche Rollen spielen wir freiwillig? Wo wollten wir etwas sein, was wir in Wirklichkeit gar nicht sind? Wann haben wir nicht rechtzeitig ein deutliches "Nein" gesagt? Wem haben wir etwas vorgespielt, manchmal sogar aus Liebe?
Ich will mich auf Herz und Nieren prüfen und werde feststellen, dass ich nur leben kann, wenn ich authentisch bin.
Je älter ich werde, desto mehr wage ich authentisch zu sein, desto mehr lasse ich hinter meine Fassade schauen.
Ich will immer ehrlicher mit mir selbst und den anderen Menschen sein, auch weil ich einsehen muss, dass ich nicht der Mensch bin, der ich immer sein wollte und nicht das erreicht habe, was ich mir als junger Mensch erträumt hatte. Ich will meine eigenen Brüche akzeptieren, die Niederlagen nicht verbergen, die Spaltungen, das Ausgedörrt sein, den Fall zeigen dürfen und nicht das Gefällige.
Auf Herz und Nieren prüfen, heißt den Seelenmikrokosmos aufschließen, weil sonst das Herz a-rhythmisch wird und der Körper sich selbst immer mehr vergiftet.
An den Mond
Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.
Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud‘ und Schmerz
In der Einsamkeit.
Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd‘ ich froh,
So verrauschte Scherz und Kuß,
Und die Treue so.
Ich besaß es doch einmal,
Was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!
Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu,
Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst,
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,
Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.