Wir schauen genauer, wir schauen tiefer, wir blicken auf Details, die wir mit dem freien Auge nicht sehen.
Ein verborgener Mikrokosmos! Das Zusammenspiel der Galaxien auf geringsten Raum. Die Welt in einer Zelle.
Das Menschliche hinter der Person (i. e. " persona", die ja im Lateinischen "Maske" heißt).
Wenn wir jemand auf Herz und Nieren prüfen, dann schauen wir hinter seine Fassade, wir sezieren sein Innerstes und das tut allemal dem Geprüften ein wenig weh.
Was verhüllt sich da alles unter dem äußerlichen Gehabe? Was verbirgt sich so geschickt, welche Schutzschilde trägen wir vor uns her? Was müssen wir verstecken, damit wir nicht so verletzbar sind? Verändern wir täglich unser Äußeres wie ein Chamäleon? Sind wir nicht alle Schauspieler? Was für ein Theater liefern wir da täglich ab? In welche Rollen hat man uns gezwängt? Welche Rollen spielen wir freiwillig? Wo wollten wir etwas sein, was wir in Wirklichkeit gar nicht sind? Wann haben wir nicht rechtzeitig ein deutliches "Nein" gesagt? Wem haben wir etwas vorgespielt, manchmal sogar aus Liebe?
Je älter ich werde, desto mehr wage ich authentisch zu sein, desto mehr lasse ich hinter meine Fassade schauen.
Ich will immer ehrlicher mit mir selbst und den anderen Menschen sein, auch weil ich einsehen muss, dass ich nicht der Mensch bin, der ich immer sein wollte und nicht das erreicht habe, was ich mir als junger Mensch erträumt hatte. Ich will meine eigenen Brüche akzeptieren, die Niederlagen nicht verbergen, die Spaltungen, das Ausgedörrt sein, den Fall zeigen dürfen und nicht das Gefällige.
Auf Herz und Nieren prüfen, heißt den Seelenmikrokosmos aufschließen, weil sonst das Herz a-rhythmisch wird und der Körper sich selbst immer mehr vergiftet.